Der lange Chemnitzer Winter drängt uns immer mal wieder zur Flucht in den Süden, vorzugsweise auf die europäischen Inseln. In diesem Jahr zog es uns mal wieder auf die Kanaren, wir machen Urlaub auf der kleinen aber feinen Insel El Hierro. Wir sind nun schon zum vierten Mal hier und entsprechend gut kennen wir die vom Massentourismus verschonte Insel.
Die Anreise an das westliche Ende Europas ist wie immer umständlich. Die gemächliche Anreise ist aber auch gleich ein guter Einstieg in das Leben auf der Insel. Nach der Ankunft auf dem verträumten Flughafen fahren wir erst mal ins Parador, das bisher immer unser Quartier auf El Hierro war. Hier bleiben wir diesmal aber nur eine Nacht und beziehen anderntags das Landhaus Gran Drago, welches recht zentral auf ca. 600 m Höhe liegt. Das schöne Landhaus im kanarischen Stil bietet einen hübschen kleinen Garten, Aussicht und ist zweckmäßig eingerichtet. Nicht bedacht hatten wir allerdings, dass es auf 600 m Höhe doch deutlich kälter ist als an der Küste und die Passatwolken oft für Nebel und Kühle sorgen. Erst in der zweiten Woche setzte sich die Sonne ganztägig durch und wir konnten das Leben im sonnigen Garten genießen. Zum Glück ist Gran Drago aber nicht so abgelegen wie das Parador und so konnten wir den Passatwolken immer schnell entfliehen. Warme und sonnige Gebiete finden sich bei fast jeder Wetterlage an vielen Orten der Insel, fast sicher aber an der Südküste. Zum Wandern ist aber vor allem an den ersten Tagen leichte Bewölkung willkommen, so dass sich die winterbleiche Haut allmählich an die Sonne gewöhnen kann.
Vom Gran Drago aus machen wir wie immer im Urlaub viele schöne Ausflüge und Wanderungen. Auch beim vierten Besuch auf der Insel entdecken wir noch viele schöne Gebiete, die wir bisher noch nicht kannten. Und natürlich werden die bekannten Highlights, vor allem die wunderbaren Aussichtspunkte (Miradores) ausgiebig gewürdigt. Dank teils starkem Wind sorgt auch die spektakuläre Brandung an der Felsküste für unvergessliche Eindrücke. Stundenlang kann man dem Kampf der meterhohen Wellen mit den Felsen zuschauen oder wie am Charco Manso auf die Geysire aus Felslöchern lauern. An ruhigeren Tagen gibt es aber auch beschauliche Plätze am Meer, wie etwa das von allerlei Fischlein und anderem Kleingetier belebte Becken am Charco Azul. Die raue Vulkanlandschaft tut ein Übriges zu wirklich spektakulären Landschaftsbildern. Diese setzen sich im Inselinneren fort an den großartigen Steilwänden von Las Playas und dem Golftal, dem spektakulär ruhigen Steilhang El Julan, dem wilden Wacholderwald El Sabinal sowie dem Nebelurwald und den vulkanischen aber sanften Gratlandschaften der Cumbre. Man findet aber auch idyllisch grüne Kiefernwälder, Terassenfelder mit blühenden Mandelbäumen, anderen Obstbäumen und Wein und wunderschöne grüne Weidegebiete, durchzogen von unzähligen Steinmäuerchen.
Viele Terassenfelder scheinen auch wieder verstärkt genutzt zu werden, um Gemüse, Obst und Wein anzubauen – man besinnt sich offenbar auch auf El Hierro der regionalen Produkte. Neben allerlei leckerem Gemüse und Obst konnten wir einige exzellente Weine von der Insel verkosten. Ganz nebenbei sei bemerkt, dass die Insel seit einigen Jahren energieautark ist. Die mit wenigen Windrädern nahe der Hauptstadt Valverde erzeugte Energie wird in einem Pumpspeicherwerk gespeichert, so dass selbst für einige Tage Flaute die Energieversorung gesichert ist. Leider betrifft die Autarkie nur das Stromnetz – der Verkehr ist entgegen anderslautender Ankündigungen der Inselregierung noch immer fast ausschließlich fossil angetrieben. Interessant ist übrigens auch die hohe Dichte an Supermärkten, Restaurants und Bars, die ganz offensichtlich nicht von den wenigen Touristen sondern überwiegend von Einheimischen am Leben gehalten wird. Fast jedes Dorf hat wenigstens einen Minimarkt, die größeren Orte haben meist mehrere kleine Supermärkte. Dank der Abwesenheit großer Supermärkte auf der grünen Wiese funktioniert hier die Nahversorgung noch.
Für Touristen, die eine gute Küche schätzen, ist El Hierro nicht unbedingt das Traumziel. Ähnlich wie in Deutschland ähneln sich die Angebote der meisten Restaurants und die Qualität ist oft mittelmäßig. Frischer Fisch, Regionale Schmorgerichte und Eintöpfe sind meist die beste Wahl, die Vielfalt erschöpft sich hier aber auch schnell. Aber auch wenn das Essen nicht immer toll war, wurden wir stets sehr freundlich bedient. Google und andere Portale sind bei der Restaurantwahl keine große Hilfe, fast alle Restaurants haben ca. 4.5 Sterne obwohl die Qualität extrem schwankt. Passabel isst man im Parador oder im Mirador La Pena, sowohl Service als auch Küche wirken hier allerdings recht lustlos. Wirklich gut gegessen haben wir nur an zwei Orten, in Valverde im „La Mirada Profunda“ und im „La Maceta“ am gleichnamigen Badeplatz. Und natürlich in der Casa Gran Drago 😉
Dafür ist das Wandern auf El Hierro ein Quell unerschöpflicher Freude. das Wegenetz ist sehr gut ausgebaut und auch exzellent beschildert. Den Wanderführer von Rother hätten wir fast nicht benötigt, er hilft allerdings bei der Einschätzung der Strecken. Die Wege durch die Steilwände haben teils alpinen Charakter und auf den Höhen der Cumbre spaziert man oft über den Wolken. Wenn man Pech hat, ist man allerdings auch mal mittendrin, was aber durchaus charmant sein kann, vor allem im Nebelurwald. Fast schon traditionell für uns ist die anstrengende Runde durch die Steilwand von Las Playas, die wir diesmal von Isora gestartet haben [16 km]. Zwei schöne neue Touren führten uns durch den Grünen Norden, jeweils mit Start am Gran Drago [23 km, 13 km]. Neuland war für uns auch die Tour durch den großartigen Steilhang El Julan und herrlichen Kiefernwald [8 km] . Die Tour von Sabinosa zum Cumbre führte tatsächlich in Sturm und Nebel [18 km]. Wir konnten den Cumbre aber auch auf einer herrlichen Runde wolkenfrei mit zahllosen Fernsichten genießen [10 km]. Pflicht ist natürlich eine Runde durch den Wacholderwald, diesmal mit Start vom Mirador Lomo Negro [10 km]. Ein schöner Weg führte uns durch blühende Mandel- und Obsthaine bei El Pinar [9 km]. Schließlich erkundeten wir Tamaduste und La Caleta [12 km]. Ein kleiner feiner mit Holz ausgelegter Pfad führt zudem an der Felsküste von Las Puntas bis La Maceta [6 km]. Müßig zu erwähnen, dass all diese Wanderungen durch leckere Picknicke und Pausen zum Dösen und Landschaft genießen unterbrochen wurden.
So bleibt uns El Hierro wiederum in guter Erinnerung. Wir kommen bestimmt mal wieder, doch zuvor müssen andere Inseln wieder besucht werden und in der Heimat ist es eigentlich auch ganz schön.
Berni wird nun wieder meckern, dass der Text zu lang ist. Aber weniger ist nicht zu sagen und zu zeigen.