Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Ganz in diesem Sinne gab es letzte Woche mal wieder Nahurlaub – Wandern auf dem Kammweg durch Erzgebirge und Vogtland. Auf größtenteils sehr schönen und oftmals aussichtsreichen Wegen legten wir in 10 Tagen ca. 230 km zu Fuß zurück. Sowohl Menschenmaterial als auch Ausrüstung kamen damit überraschend gut zurecht. Manche Etappen erwiesen sich als recht sportlich und rückblickend würde man wohl eher höchstens 25 km pro Tag als Optimum anstreben, um genug Zeit zu haben, auch mal in der Sonne zu liegen oder die zahlreichen Ausblicke zu genießen.
Neben vielen tollen Landschaften erwies sich auch das Kennenlernen der extrem großen qualitativen Bandbreite des sächsischen Beherbungsgewerbes als recht spannend. Der Begriff „durchwachsen“ beschreibt das Ganz wohl ganz gut, einige dieser Herbergen wird man künftig meiden und nur drei von neun wird man gern wieder besuchen. Liebe sächsische Gastronomen und Hoteliers – hier dürft ihr ruhig noch etwas tun, um den geneigten Gast zur Wiederkehr zu bewegen! Doch nun genug der Vorrede, zur Tour:
Anreise nach Oberholzhau: Mit der Bahn geht es sehr flott und preiswert von Chemnitz nach Rechenberg bei Holzhau, von wo wir entlang des Muldentals über Holzhau und das Teichhaus ca. zwei Stunden hinauf zur ersten Übernachtung zum Torfhaus laufen. Das Torfhaus, eine ehemalige Jugendherberge liegt mitten im Wald, nahebei findet sich ein idyllischer Teich. Unterkunft und Essen entsprechen noch immer dem Jugendherbergsniveau. Was diese Unterkunft dennoch so angenehm macht, ist die herzliche Aufnahme durch die Betreiber Kerstin und Jörg, mit denen wir am Abend beim Bier und später beim Frühstück in fast familiärer Atmosphäre sitzen. Hier kommen wir bestimmt mal wieder hin.
1. Etappe von Oberholzhau nach Olbernhau: Zunächst geht es über die Fischerbaude hinab nach Rechenberg, von dort an Sayda vorbei über Neuhausen und den Schwartenberg nach Seiffen. Viele ausgesucht schöne Wege, viel offenes Land und tolle Aussichten. Von Seiffen geht es durch den Wald hinab nach Olbernhau, wo wir nach einer langen Etappe von ca. 35 km unsere Unterkunft, das Hotel zum Poppschen Gut erreichen. Alles sehr ordentlich und auch das Essen ist gut, ein ganz normales Durchschnittshotel.
2. Etappe von Olbernhau zum Hirtstein: Auf dem Wege vom Hotel zurück zum Kammweg passieren wir die schöne Anlage der Saigerhütte und mit dem Erreichen des Kammwegs verlassen wir Olberhau auch schon wieder im schönen Tal der Natzschung. Zunächst viel Wald, beim Stößerfelsen gibt es einen schönen Ausblick ins Tal. Offene Landschaft gibt es dann erst wieder in Rübenau, das erste der drei schönen Kammdörfer die wir auf dieser Etappe passieren, alle schön gelegen inmitten großzügier Wiesen. Das nächste dieser Dörfer ist Kühnhaide, dessen Verlauf wir auf einem sehr schönen Weg entlang des Waldrandes und später auf dem Moorlehrpfad folgen. Wenig später erreichen wir auch schon Reitzenhain, wo wir entlang der Grenze durch ein schönes Hochtal mit einem mäandernden Bach laufen. Nach kurzer Waldpassage erreichen wir auf einem schönem Wiesenweg schließlich den Hirtstein, wo die gleichnamige Baude unser nächstes Quartier sein wird. Zuvor bewundern wir jedoch noch den Basaltfächer und die großartige Aussicht. Die Hirtsteinbaude überrascht in jeder Hinsicht positiv, zunächst mit einem sehr schönen Zimmer mit phantastischer Aussicht, später durch lecker Essen und freundlichen Service. Man merkt, dass hier mit Hingabe gekocht wird und frische und regionale Produkte verarbeitet werden. Nach dem Essen bringt uns die Gastgeberin noch den letzten Rest vom köstlichen Blaubeerkuchen und schließlich ordern wir noch die gebackenen Holunderblüten, ebenfalls sehr lecker. Fast schon nicht mehr überraschend, dass dann beim Frühstück noch ein Töpfchen Quarkspeise mit leckeren frischen Himbeeren und Blaubeeren auf dem Tisch steht. Die Hirtsteinbaude ist unsere Entdeckung und Empfehlung – hier kommen wir gern wieder her! Hinweise auf ähnliche Unterkünfte sind willkommen!
3. Etappe vom Hirtstein zum Bärenstein: Wir verlassen den Hirtstein mit einem kleinen Umweg durch das schön gelegene Satzung, in das ein wunderschöner Wiesenweg durch Bergwiesen führt. Auch wenn der Höhepunkt der Wiesenblüte schon überschritten ist, sind doch viele dieser Wiesen noch immer wunderschön. In den Wäldern blühen zudem unzählige Fingerhüte, oft sehen wir die prächtigen blauen Disteln und in den Sumpfgebieten sehen wir das Wollgras und ab und an auch mal eine der heimische Orchideen. Von Satzung geht es nun durch den Wald hinab nach Schmalzgrube, ein Ort, der ebenfalls wunderschön inmitten von Wiesen liegt. Von Schmalzgrube geht es entlang des Pressnitztals mit seiner Schmalspurbahn hinüber nach Jöhstadt. Jöhstadt selbst erweist sich als weitestgehend tot, wie so viele der ostdeutschen Kleinstädte. Von Jöhstadt geht es wieder zurück auf den Kammweg, der auf einem schönen Wiesenweg und mit tollen Aussichten der Grenze folgt. Wieder im Wald geht es hinüber nach Königswalde, wo wir uns in der Brettmühle für den Aufstieg zum Bärenstein stärken. Zuvor folgen wir noch auf idyllischem Weg einem alten Floßgraben durch den Pöhlagrund bis nach Kühberg. Hier geht es nun auf schönem Wege bergauf und bald genießen wir die Aussicht vom Bärenstein hinab nach Cranzahl. Über das Hotel auf dem Bärenstein schweigen wir besser. Lediglich hartgesottene Nostalgiker und Ewiggestrige sollten einen Besuch wagen. Alle Anderen wandern besser weiter und suchen sich woanders eine schöne Unterkunft.
4. Etappe vom Bärenstein zum Fichtelberg: Auf dieser Etappe weichen wir ein wenig vom Kammweg ab und folgen statt dessem dem Bimmelbahn-Erlebnispfad, der uns auf schönem Wege entlang der Schmalspurbahn von Cranzahl nach Oberwiesenthal bringt, von wo es nur noch ein kurzer, wenn auch steiler Weg zum Fichtelberg ist. Dort empfängt uns Nebel sowie das Fichtelberghaus, wo wir die Nacht verbringen. Letzteres überrascht durch schöne und große Zimmer sowie ein Feinschmeckerrestaurant, welches aber leider an diesem Abend geschlossen hat. Dennoch essen wir ganz gut und der nächste Morgen erfreut uns zudem mit einer wunderbaren Aussicht und einem Frühstück im schön gestalteten Hotelrestaurant „Das Guck“. Der Name ist hier Programm, denn neben einer Aussicht bietet „Das Guck“ auch eine sehenswerte Sammlung von Kunstwerken aus dem Erzgebirge zum Gucken. Eine weitere Empfehlung!
5. Etappe vom Fichtelberg nach Rittersgrün: Toll, einen Tag lang fast nur bergab! Da die Etappe zudem recht kurz ist, bleibt Zeit, noch ein wenig um den schön gelegenen Ort herumzulaufen. Bereits nachmittags checken wir dieses Mal ins Landhotel Rittersgrün ein, was uns Zeit für ausgiebiges Saunieren und Wellness gibt. Hier essen wir ebenfalls gut und genießen ein reichhaltiges Frühstücksbüffet, wie auch schon am Morgen zuvor. Allerdings kostet die Übernachtung hier auch fast doppelt so viel wie die Übernachtungen zuvor und um so vieles besser ist dieses Hotel dann nun auch nicht. Für ein Hotel dieser Preisklasse fehlt uns irgendwie das gewisse „Wow!“.
6. Etappe von Rittersgrün nach Weitersglashütte: Beim Weg zurück zum Kammweg genießen wir noch einmal viele schöne Blicke auf Rittersgrün. Erwähnte ich schon, dass dies einer meiner liebsten Orte im Erzgebirge ist? Nun geht es auch wieder bergan, bis wir die wunderschön im Wald gelegene Himmelswiese erreichen. Dann folgt nochmals viel Wald und schließlich geht es hinab nach Johanngeorgenstadt, welches wir auf Höhe der Jugendherberge bald wieder auf einem schönen Wiesenwege verlassen. Nun geht es planmäßig Richtung Auersberg, nach einem heftigen Gewitterguss beschließen wir aber, den Weg abzukürzen und von der Sauschwemme direkt nach Weitersglashütte zu gehen, da man auf dem Berg eh nichts sehen würde. Hier lernen wir auch, dass Wiesenwege zwar wunderschön, aber nach einem Regen auch verdammt nass sind, so dass unser Schuhwerk nach einiger Zeit Land unter meldet. Gut also, dass wir im Hotel Zum Kranichsee ankommen und uns und die Schuhe trocknen können. In der urigen Gaststube gibt es zudem auch lecker Futter, so dass sich die Mienen bei dem einen oder anderen Bier und freundlicher Bedienung schnell aufhellen. Es gibt sogar noch einen kurzen Barfuß-Abendspaziergang auf der Dorfstraße, wo wir die ruhige Abendstimmung genießen. Auch Weitersglashütte liegt wie viele Dörfer auf dem Kamm sehr schön inmitten ausgedehnter Wiesen. Das Hotel ist an sich auch ganz nett, allerdings sind die Zimmer und speziell das Bad nicht mehr so ganz auf dem Niveau des 21. Jahrhunderts. Der Toilettenhäcksler macht zudem durch unmotiviertes gelegentliches Aufbrüllen fast ein wenig Angst.
7. Etappe von Weitersglashütte nach Schöneck: Zunächst führt uns der Weg an den Rand von Carlsfeld, ebenfalls sehr schön inmitten von Wiesen gelegen. Von dort geht es in den Wald, den wir dann auch längere Zeit nicht mehr verlassen, schließlich nähern wir uns dem vogtländischen Waldgebiet rund um Morgenröthe-Rautenkranz. In Morgenröthe treffen wir auf einen Floßgraben, dem wir ein Stücke folgen, ehe es bergauf, wiederum durch viel Wald, nach Mühlleithen geht. Dort nutzen wir erst mal die schönen Wiesen für Rast und Sonnenbad bevor es weiter zum Schneckenstein geht. Den erreichen wir um 14:32 Uhr, also ca. 2 Minuten zu spät, denn wir sehen grad noch den Bewacher mit der Kasse um die Ecke verschwinden. Tourismus gibt es im Vogtland also nur bis 14:30 Uhr. Statt des Schneckensteins besteigen wir alsdann eine nahegelegene Halde, die einen weiten Blick über das Vogtland erlaubt, auf der einen Seite die klingenden Täler, auf der anderen der Blick hinüber nach Falkenstein und zu den umliegenden Orten. Vorbei an der Talsperre Muldenberg geht es dann nach Schöneck, Balkon des Vogtlands und Heimat meiner Vorfahren. Wir wohnen nett in der Brauereischänke, deren Küche allerdings noch Verbesserungsmöglichkeiten hat. Abends ziehen wir noch mal durch den Ort, besuchen Orte meiner Kindheit, klauen Erdbeeren im verwilderten Garten meiner Tante und genießen den Blick vom Alten Söll. Leider ist auch dieses schöne Städtchen menschenleer, es gibt kaum Gastronomie und das in dieser wunderschönen Urlaubsgegegend. Allein das riesige FDGB-Ferienheim am Ortsrand erfreut sich regen Besuchs und verhindert wohl auch jedes touristische Leben im Ort. Schade! Möchte nicht mal jemand ein kleines feines Hotel, Kneipen, Straßencafés oder Lädchen in Schöneck aufmachen?
8. Etappe von Schöneck nach Süßebach: Von Schöneck aus geht es bergab, wir streifen viele schöne Dörfer, der Wald wird weniger und man hat viele schöne Aussichten. Leider können wir nirgends verweilen denn zahllose Bremsen verfolgen uns und warten nur darauf, dass wir kurz ruhig halten, um dann erbarmungslos zuzustechen. Erst nach Passieren des Elstertals können wir die lästigen Viecher abschütteln und eine ausgiebige Rast machen. Nun geht es wieder bergauf, es ergeben sich immer wieder tolle Ausblicke hinauf nach Schöneck, das majestätisch am Horizont thront. Den Umweg des Kammwegs über Gettengrün lassen wir aus und laufen direkt über Bergen und Eichigt nach Süßebach. Dort wartet unsere letzte Übernachtung, der Landgasthof Süßebach. Zimmer und Essen passen ganz gut, allein die naheliegende Straße stört mächtig. Offenbar sind auf dieser Straße alle Grenzdebilen des Vogtlandes unterwegs, bei dem was dort innerorts gerast wird, vergisst man jede Menschlichkeit und wünscht man dem einen oder anderen Rennteilnehmer dann doch ein vorzeitiges Ausscheiden.
Rückfahrt: Auf schönen Wegen wandern wir von Süßebach hinüber nach Oelsnitz, wiederum tun sich viele Aussichten auf. Auch Oelsnitz präsentiert sich an einem Sonntagmittag wie ausgestorben, Überreste eines Festes auf dem Markt künden aber von möglichem Leben. Nach etwas Suchen finden wir sogar eine offene Wirtschaft, den Sperk, wo wir uns an leckeren Bambes mit Gulasch laben, die freilich nicht ganz an die bekannten Referenzbambes heranreichen. Sodann begeben wir uns zum Bahnhof von Oelsnitz, der einen recht traurigen Anblick bietet. Immerhin bringt uns von dort die Vogtlandbahn nach Plauen und 2 Stunden später setzen wir die Füße schon wieder auf Chemnitzer Boden.
Weitere Bilder zur Tour gibt es wie immer hier.