Die vielfältige Landschaft auf Rügen ist auch im Winter eine Reise wert. Unser letzter Besuch auf Rügen ist ein ganzes Weilchen her und bereits damals dachten wir, Binz wäre mal ein guter Quartiersort für einen Besuch außerhalb der Saison. Dabei wussten wir noch nicht mal, welche enorme Dichte an guten kulinarischen Angeboten es in Binz gibt. Und selbst Mitte Januar war davon noch genügend offen, um sich knapp zwei Wochen durchzukosten. Binz ist aber auch gut gelegen für viele schöne Wanderungen und auch ohne Auto ist man gut mobil mit Bus und Bahn und natürlich mit dem Rasenden Roland!
Nach Binz bringt uns sehr komfortabel der ICE, der freilich ab Berlin eher als Regionalexpress zum ICE-Preis unterwegs ist. Aber man sitzt bequem, kann Landschaft schauen oder lesen und muss nicht auf Leistungsträger mit Überholprestige achten. Mit einer überschaubaren Zahl von Pannen kommen wir tatsächlich auf der Hin- wie auch auf der Rückfahrt pünktlich an. In Binz wohnen wir im Hotel am Meer, wo wir das wunderbar vielfältige Frühstück (bis 12 Uhr!), den freundlichen Service und den Wellnessbereich genießen. Vom Zimmer haben wir einen großartigen Blick über die Binzer Bucht und bis zur Kreideküste bei Sassnitz.
Binz im Januar ist erfreulich ruhig. Weite Teile der Tourismus-Infrastruktur sind im Tiefschlaf. Für Wanderungen packt man sich besser was zu Essen ein, denn außerhalb von Binz ist fast alles zu, selbst Fischbrötchen sind kaum zu bekommen. Dafür hat man Orte und die schöne Landschaft fast für sich. Wir gehen also tagsüber Wandern, nachmittags zum Konditor, anschließend Wellness und abends (meist) lecker essen. Das lässt sich aushalten!
Neben Sandstränden und Steilküsten bietet Rügen viel wunderbare Landschaft, vor allem im Bereich der Mönchgut-Halbinsel nahe der Küste des Greifswalder Boddens. Hier gibt es noch urige Dörfer und vielfältige Landschaftsbilder – von Salzwiesen bis zu Buchen-Urwäldern. Wir laufen von Binz zur Boddenküste nach Groß Stresow und zurück, von Göhren über Baabe nach Sellin, von Binz nach Prora und zurück sowie von Sassnitz zu den Buchenwäldern der Kreideküste. Weitere schöne Touren führen uns zum Jagdschloß Granitz, von Lietzow über Ralswiek nach Bergen, von Putbus über die Boddenküste nach Binz sowie zwei mal entlang der Boddenküste durch das Mönchgut. So können wir viele schöne Eindrücke sammeln und natürlich gibt es auch Schafe! (Tourenübersicht)
Die Inselhauptstadt Bergen besuchen wir zum ersten mal und sind wenig begeistert. Es gibt zwar rund um die Marienkirche und den Markt eine hübsche Altstadt, aber irrsinniger Durchgangsverkehr lässt Besucher schnell flüchten. Überhaupt ist der Autoverkehr auf der Insel sehr dominant – auch ohne dass viele Urlauber anwesend sind. Öffentliche Verkehrsmittel bieten leider keine gute Alternative, Busse fahren selten und Tarifsysteme sind unübersichtlich. Ein Besucher-freundliches Portal für alle Mobilitätsangebote sucht man vergeblich. Überhaupt ist die Insel auf keinem guten Weg. Es wird noch immer irrsinnig viel gebaut, was den Ortsbildern und der Landschaft nicht gut tut. Zum Glück sind wenigstens die schönsten Teile der Landschaft geschützt. Man kann nur hoffen, dass bald ein Umdenken einsetzt und wenigstens der charmante Teil der Insel erhalten bleibt. Dabei könnte man Kultur-Landschaft, nachhaltige Landwirtschaft und Tourismus so wunderbar verbinden, wie einige wenige Beispiele auch auf Rügen schon zeigen.
Binz lockt viele zahlungskräftige Touristen an und so konnte sich eine überraschend innovative und anspruchsvolle Gastronomie etablieren. Auch wenn im Januar nicht alle Restaurants offen sind, bleibt mehr als genug Auswahl. Die Strandhalle kannten wir schon und wurden auch beim zweiten Besuch nicht enttäuscht. Hier gibt es bodenständige Küche auf höchstem Niveau in angenehmem Ambiente – wir genießen Himmel und Erde (Blutwurst, Birnen, Kartoffeln) sowie den Dorsch mit Kartoffelkruste auf feinem Kohlgemüse. Im Kurhaus gibt es die klassische gehobene Küche und wir essen ein wunderbares Chateaubriand nebst leckeren Beilagen. Bei den Dolden Mädels steht eine großartige Bierauswahl im Mittelpunkt, wozu Grünkohl mit Pinkel eine gute Basis schafft. Recht gut essen wir auch in unserem Hotel in der Meerbar sowie im Weltenbummler. Leckere asiatisch geprägte innovative Küche serviert Buddhas Bowl (als echtes Hipster-Restaurant nicht im uncoolen Internet verfügbar). Ähnlich innovativ, aber regional und saisonal essen wir bei Clara + Jo, denen wir als neuem Kulturort im Kleinbahnhof noch viel Erfolg wünschen. In Omas Küche und im Fischmarkt wird man satt, so wie in vielen anderen Gaststätten auch.
Einen eigenen Absatz bekommt das Freustil. Für ein mit einem Michelin-Stern ausgezeichnetes Restaurant geht es hier erfreulich unkompliziert zu. Unkompliziert ist auch das kulinarische Konzept: saisonale Produkte auf den Punkt zubereitet. Wir genießen 10 wunderbare Gänge mit immer neuen Gaumenfreuden. Es ist schwer, hier etwas besonders herauszustellen, vielleicht die unglaublich aromatischen Pilze (Pilzbouillon), der perfekt zubereitete Kabeljau mit einer herrlichen Sauce und Zwiebeln sowie auf den Punkt gegarte aromatische Schwarzwurzel zum Fleischgang (Filet vom Ochsen). Ferner kamen auf den Tisch Ei/Tobinambur/Endivie, Jakobsmuschel/Schwarzwaldmiso/Wirsing und so Einiges mehr. Nun soll noch jemand sagen, saisonale Küche wäre langweilig! Wir empfehlen also zum Essen in Binz in jedem Falle das Freustil, aber auch die Strandhalle, Clara + Jo, Buddhas Bowl und das Kurhaus sowie die Dolden Mädels für die Bierwauswahl!
Nach Rügen und auch nach Binz kommen wir bestimmt mal wieder, vielleicht zu einer etwas wärmeren Zeit, aber sicher nicht zur Hochsaison. Ostern scheint das magische Datum zu sein, ab dem fast alle Gastronomie- und Imbissangebote wieder öffnen. 11 Tage sind jedenfalls viel zu schnell rum und wir reisen mit vielen schönen Erinnerungen ab.
Und hier gibt es noch mal all unsere Touren in einer schönen Übersichtskarte: