Durch die Landschaft jenseits des Erzgebirgskamms

Der Erzgebirgskamm ist für uns eine Art magischer Grenze. Nur selten haben wir das Land südlich davon erkundet, zuletzt bei einem schönen Wanderurlaub im Böhmischen Mittelgebirge. Nun haben uns die Leipziger eine schöne geführte Tour empfohlen, eine Brauerei- und Biertour durch das Böhmische Mittelgebirge mit Frank Sühnel, die an Ostern stattfand. Wandern und leckere Biere und dazu noch „für böhmische Verhältnisse gute Hotels“ – wer kann da schon widerstehen?

Um uns auf die Tour einzustimmen, starten wir mit dem Schwager bereits am Vorabend in Dresden mit einer Einkehr in die Brauwirtschaft „Zum Gerücht“ in Laubegast. Die Bude ist zwar etwas verraucht und die Bedienung zäh, aber die urige Atmosphäre, die leckeren Laubegaster Biere und das deftig-gute Essen machen das mehr als wett. Für den Rückweg sammelt der Schwager in Laubegast alle verfügbaren Nextbikes ein und wir radeln in herrlicher milder Abendstimmung an der Elbe zurück in die City. Im Ibis Bastei übernachten wir funktional mit Resten von DDR-Interhotel-Charme.

Die Tour beginnt mit einer Kostprobe von Franks gelassen-perfekter Planung. Mit der Einfahrt der S-Bahn ist auch unser Führer da und wir reisen mit Umstieg nach Altenberg, wo unser viertägiges Wanderabenteuer beginnt. Um drohende Unterhopfung zu vermeiden, wird an der Beerenhütte noch eine Rast eingelegt, bevor wir vom Lugstein erstmalig das wunderbare Panorama des Böhmischen Mittelgebirges bewundern. Vorbei am Hochmoor queren wir die schöne Landschaft des Erzgebirgskamms, passieren unauffällig die Grenze und erreichen schon bald unweit des Stürmers eine erste böhmische Einkehr, wo es das nächste Bier gibt. Über den Stürmer mit schöner Sicht ins Moster Becken steigen wir nun steil hinab an der Abbruchkante des Gebirges. Schöne Laubwälder begleiten unseren Weg bis wir einen abgelegenen Bahnhof erreichen. Spätestens hier wird klar, dass wir jetzt in einer anderen Welt unterwegs sind. Sowohl der Bahnhof als auch der Zug, der nur Minuten nach unserer Ankunft erscheint, sind wunderbar aus der Zeit gefallen.

Der Zug bringt uns nach Osek, wo wir im barocken Kloster die erste Brauerei erreichen. Zu Ostern gibt es in Böhmen grünes Bier, was ich mir natürlich nicht entgehen lasse. Tatsächlich ist es wunderbar süffig und hat grüne Aromen, nur die Farbe ist etwas befremdlich. Von Osseg geht es wiederum mit der Bahn nach Teplice, wo wir im Monopol übernachten, ein ehemaliges Varieté welches heute Hotel, Brauerei und Gasthof ist. Hier genießen wir weitere lecke Biere und eine sehr gute Küche. Zwischendrin und zum Geld holen bummeln wir noch kurz durch den Ort. Die Fassaden künden vom einstigen Glanz des Ortes, dem ein neuer Aufschwung zu wünschen ist. Im Monopol übernachten wir etwas beengt in Appartments. Dafür ist das Frühstück hier regelrecht oppulent und wohl das beste der Tour.

Am Samstag starten wir wieder mit der Bahn nach Most, wo wir in einen nostalgischen Schienenbus umsteigen, mit dem wir entspannt zu den Steppenbergen gondeln. In der Gruppe kommt der Wunsch auf, den ganzen Tag in solchen Zügen durch die Lande zu schaukeln. Doch Frank hat mit uns anderes vor. Wir verlassen den Zug in Bělušice und laufen Richtung Steppenberg Mila. Unterwegs stoppen wir an einem Fenster mit ein paar Bänken davor, welches sich als Wirtschaft entpuppt und noch vor 11 Uhr startet die erste Runde Bier das Tages, bevor wir weiter ziehen. Am Fuß der Mila erwarten uns botanische Kostbarkeiten, den Weg begleiten nun Himmelschlüssel und unzählige gelbe Buschwindröschen. Oben angekommen, wird die Vegetation noch spektakulärer, zahlreiche Adonisröschen in Vollblüte, Steppensalbei und etliche unbekannte Blümchen beeindrucken uns. Dazwischen taumeln unzählige wunderschöne Segelfalter und man vergisst fast, den Fernblick zu genießen.

Weiter geht der Weg durch traumhafte Landschaften aus Wiesen, Hecken und Streuobstbeständen voller blühender Schätze und auch der Osterhase zeigt sich kurz. Ein kurzer aber straffer Anstieg führt uns auf den zweiten Steppenberg, den Rana. Dort bewundern wir neben weiteren Segelfaltern die zahlreichen Paragleiter, die um den Gipfel kreisen. Am Fuße des Rana haben wir eine ausgedehnte Pause bei Bier und Snacks. Und gleich neben dem munteren Treiben der Menschen tun die Ziesel das ihre und mit ein wenig Geduld kann man sie dabei sogar beobachten. Vom Rana laufen wir noch durch das hübsche Dorf zum Bus, der uns nach Louny bringt. Unser Hotel Union liegt mitten in der schönen Altstadt. In Louny haben wir ein straffes Programm. 18 Uhr gehen wir lecker Essen und Bier trinken in die Minibrauerei Domov. Danach geht es weiter in die nächste Brauerei Pivo ZLoun, nur wenige Schritte entfernt, wo wir gemütlich draußen sitzend den lauen Abend genießen.

Am nächsten Morgen starten wir wieder mit dem Zug, der uns bis nach Peruc bringt. Hier bewundern wir ein herrliches Barockensemble aus Kirche, Schloß und Bürgerhäusern, welches leider in einem Dornröschenschlaf vor sich hin dämmert. Am Ortsrand bewundern wir die Oldřich-Eiche, die wohl tausend Jahre auf dem Buckel hat. Nun folgt unsere Wanderung dem Eger-Tal, doch bleiben wir stets in einem gewissen Abstand und bekommen die Eger nie zu sehen. Dafür bieten sich aber von der Hochfläche, auf der wir laufen, ständig traumhafte Ausblicke in das böhmische Mittelgebirge hinter dem dunkel der Kamm des Erzgebirges steht. Die Wegabschnitte durch die Wälder sind auch wieder botanisch spannend. Zunächst sehen wir unzählige Leberblümchen, Lerchensporne, Frühlingsplatterbsen und vieles anderes. In den Auwäldern des Egertales kommen noch riesige Bärlauchbestände hinzu. Zwischendurch passieren wir ein verträumtes Dorf mit fast mediterraner Anmutung, wo es natürlich auch ein Bier gibt.

Die 14-köpfige und durchweg sympathische Gruppe hat sich inzwischen auch gut kennengelernt. Viele sind offenbar schon öfter bei Franks Touren dabei gewesen und schwelgen in Erinnerungen. Alle haben vielfältige Wandererfahrungen und so bekommen wir auch allerlei Tipps für künftige Aktivitäten. Nach einem herrlichen Wegabschnitt durch Buchenwälder, Wiesen und Hecken erreichen wir das idyllisch gelegene Hotel Dvůr Perlová Voda, ein ehemaliger Gutshof. Im schön gestalteten Hof können wir noch ein wenig entspannen. Das Dvůr Perlová voda ist ohne Zweifel die mondänste Unterkunft der Tour und auch die Küche ist deutlich gehoben. Wir essen ganz hervorragend, genießen die hausgebrauten Biere und verkosten den Bierbrand mit der Losnummer 001 wovon wir auch ein Fläschchen heimtragen werden.

Am Ostermontag laufen wir ins benachbarte Budyně nad Ohří und besichtigen das Wasserschloss. Nette Mitreisende verstecken Schokolade im Park und alle haben Freude am kindischen Suchen, Finden und Naschen. Obwohl die Hasenburg praktisch schon vor uns steht, sieht unsere Tourenplanung noch ein wenig Zickzack mit putzigen Zügen vor, welches uns in die optimale Startposition für die Besteigung der Burg bringen. Von oben genießen wir wiederum einen herrlichen Rundumblick über das Böhmische Mittelgebirge und darüber hinaus. Von der Hasenburg laufen wir durch schöne Landschaft bis in die Nähe von Lovosice, fahren mit dem Bus zum Bahnhof und weiter mit dem Zug bis Decin.

In Decin soll es eigentlich noch eine Brauereibesichtigung mit Essen und Trinken geben, die Brauerei ist allerdings „aus technischen Gründen geschlossen“. Der Sozialismus lässt freundlich grüßen. Auch sonst ist die Deciner Gastronomie nicht auf hungrige Gäste ausgerichtet. Nach etwas chaotischem Irren einer zunehmend unentspannten Wandergruppe durch die Stadt finden wir endlich in der Bahnhofswirtschaft Speis und Trank. Tschechischer geht es kaum, insofern ist das der perfekte Abschluss der Tour, bevor uns der Zug durch das schöne Elbtal zurück nach Dresden und weiter nach Chemnitz bringt.

Eine schöne Tour mit netten Menschen bei perfektem Wetter in einer schönen Landschaft. Gern wieder!
[Link zur Tour am Freitag (incl. Bahnfahrt)]
[Link zur Tour am Samstag (incl. Bahnfahrt)]
[Link zur Tour am Sonntag (incl. Bahnfahrt)]
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