Eine Woche Ende Oktober mit dem Hausboot die Havel befahren, das heisst großartige Flußlandschaften mit goldenem Laub, gemütlich-warm in der Kajüte sitzen, Abenteuer beim Anlegen im Sturm aber auch feucht-kalte Schlafkoje, enges Beieinander und ungemütliches Wetter an Deck. Irgendwo dazwischen spielte sich unsere Hausboottour mit vielen Entdeckungen auf und an den Flüssen und Seen zwischen Fürstenberg und Liebenwalde in Brandenburg ab [Track der Gesamttour].
Zunächst, Mitte Oktober bei durchwachsenem Wetter ist eher an der Grenze der Jahreszeit, zu der so eine Bootstour perfekt ist. Andererseits, kann man die kuschlig warme Kajüte wohl nur genießen, wenn es draußen kalt und nass ist. Das war es zum Glück nicht immer und bei mild-sonnigem Wetter macht sogar das Draußen sitzen Spaß. So gleiten wir durch eine herrliche Flußlandschaft, teils urtümlich bis wild, teils entlang von schönen Wassergrundstücken durch verträumte Dörfer und Kleinstädte. Die landschaftlich schönsten Abschnitte sind sicher die naturnahe Havel zwischen Stolpsee und Zehdenick, der Abstecher Richtung Templiner Gewässer sowie die Strecke entlang der Woblitz zum Lychensee.
Auf dem Boot gibt es eine klare Aufgabenteilung – Levke, René und Ron kümmern sich um das Nautische und ich bewirtschafte die Kombüse. Beides gelingt überwiegend gut, wir sind trotz Sturm unfallfrei unterwegs und das Essen an Bord schmeckt. Und genauso wie die Mannschaft an Deck ihre Manöver immer souveräner meistert, freundet sich der Koch zunehmend mit der minimalistischen Ausrüstung an oder passt die kulinarischen Ambitionen an die technischen Möglichkeiten an. Ab und zu essen wir auch mal an Land. Erwähnenswert sind dabei eigentlich nur das Gasthaus zur Linde in Fürstenberg (schönes Ambiente, freundlich und lecker) sowie das Frosch und Fisch (gehobene französisch inspirierte Küche und freundlicher Service in angenehmem Ambiente) in Himmelpfort. Ansonsten dominiert Beliebigkeit in Form von fleischlastiger Hausmannskost.
Oft begegnet uns die besondere Brandenburger Herzlichkeit, die dem Gast bedeutet, dass er sich doch bitte klaglos mit dem Gebotenen zufrieden geben solle, bisweilen in Verbindung mit barschen Anweisungen, die vermeintliches Fehlverhalten des Gastes korrigieren. Das Interesse am Wiederkehren des Besuchs ist also nur mäßig ausgeprägt, anscheinend gibt es auch so genug Gäste. Ähnliche Botschaften kommuniziert auch lieblos heruntergekommene Infrastruktur, wie etwa bei der Schlossmarina Zehdenick – nein, sowas kann man im 21. Jahrhundert Gästen nicht mehr anbieten. Dabei kann man wenige Ecken weiter sehen, wie es besser geht, etwa am Alten Hafen am Ziegeleipark. Und umso mehr freut man sich dann über die wenigen Orte, an denen man sich sichtlich um die Gäste bemüht.
Neben der Landschaft ist der Ziegeleipark sicher eines der Highlights der Gegend. Bei Führungen und Rundfahrten mit der Ziegelbahn auf dem weitläufigen schön gestalteten Gelände lernt man beiläufig viel über den scheinbar banalen Massenbaustoff. Die kleinen Dörfer und Städtchen entlang der Strecke lohnen einen Bummel durch hübsche Ortskerne, etwa in Fürstenberg, Himmelpfort, Zehdenick, Bredereiche oder Liebenwalde. Freilich darf man hier keinen Trubel erwarten, die meisten Orte präsentieren sich liebenswert verschnarcht, teils auch schon im tiefen Winterschlaf der Nachsaison.
Ab und zu sind wir auch mal ein paar Stunden an Land unterwegs, etwa auf einer schönen Wanderung bei Liebenwalde, einer kleinen Runde bei Burgwall oder durch die Wälder bei Kannenburg. Faszinierend, dass die gleiche Landschaft dann völlig anders wirkt, als man es vom Boot aus wahrnimmt. Ganz sicher gibt es hier noch viele reizvolle Wanderziele, die einen weiteren Urlaub in der Gegend nahe legen. Bestimmt kommen wir auch noch mal zum Hausboot-Fahren zurück – aber dann zu einer wärmeren Jahreszeit!